Im Rahmen meines Sozialarbeit/Pädagogikstudiums absolvierte ich vom 4. Oktober 2006 bis zum 23. Februar 2007 ein Praktikum beim „Bastille - Gsws e.V.“. Da ich gerade noch mitten im Praktikum stecke, fällt es mir ein bisschen schwer, einen rückwärtigen und reflektierten Blick auf meine Praktikumszeit zu werfen. Für mich ist das Praktikum eine neue und aufregende Erfahrung, weil ich vorher noch nicht in diesem Bereich gearbeitet habe. Außerdem war ich Anfangs etwas unsicher, weil ich Geburtsblind bin, und ich nicht einschätzen konnte, wie die Mitarbeiter(innen) und Bewohner(innen) mit dieser für sie neuen Situation zurechtkommen würden.
Meine Ängste und Befürchtungen lösten sich aber schnell in Wohlgefallen auf, da nach einigen anfänglichen Unsicherheiten sich alle schnell an die Situation gewöhnt hatten. Vor allem war ich erstaunt und beeindruckt, dass die Bewohner(innen) mit meiner Behinderung so gut zu Recht kommen. Sie waren von Beginn an offen, neugierig und ehrlich an mir als Person, und nicht nur als Behinderte interessiert.
In den ersten Wochen meines Praktikums habe ich die Wohngemeinschaften, die Bewohner(innen) und die unterschiedlichen Arbeitsweisen der Pädagog(innen) kennengelernt. Nach dieser Eingewöhnungsfase habe ich noch einige Zeit in der Eldenaer Straße hospitiert und dann mit der Arbeit an den Fragebögen begonnen.
Eine Aufgabe meines Praktikums bestand darin, zwei Fragebögen für die Bewohner(innen) der Wohngemeinschaften und des BEW zu entwerfen. Der Fragebogen für die Wohngemeinschaften hatte das Ziel, die Zufriedenheit und Selbstbestimmung der Bewohner(innen) in verschiedenen Bereichen des Wohnens und Lebens zu ermitteln. Der Fragebogen, der für das BEW konzipiert wurde, hatte ebenfalls dieses Ziel. Außerdem wurde in ihm auch die Wirkungsqualität des Lebens in der Wohngemeinschaft ermittelt. Das bedeutet, dass abgefragt wurde, ob die Bewohner(innen) durch das Leben in einer Wohngemeinschaft verschiedene Kompetenzen und Fähigkeiten erworben haben, um jetzt ein eigenständiges und weitgehend Selbstbestimmtes Leben führen zu können. Zum größten Teil bestand der Fragebogen aus geschlossenen Fragen, die mit „ja“, „teilweise“ oder „nein“ beantwortet werden konnten. Ergänzt wurde er durch ein paar offene Fragen, die es den Bewohner(innen) ermöglichten, ihre Meinung zu kritischen Themen zu äußern. Die Konzeption der Fragebögen dauerte etwa einen Monat, da ich mit so einer Arbeit vorher noch nie konfrontiert wurde und ich mir erst einiges theoretisches Hintergrundwissen aneignen musste.
Im Dezember führte ich dann die Interviews mit den Bewohner(innen) durch. Das war für mich eine sehr interessante und wunderbare Arbeit, da mir die Bewohner(innen) häufig neben der Beantwortung der Fragen vieles über ihr Leben, ihre Ansichten und ihre Gefühle erzählten. Das mag ziemlich platt und einfach klingen, aber für mich waren das wertvolle und sehr tiefe Gespräche, in denen ich jeden Bewohner und seine Lebensgeschichte sehr individuell kennen lernen durfte. Außerdem habe ich sehr viel über Interviewführung und andere Forschungsaspekte gelernt.
Im Januar habe ich dann die Fragebögen ausgewertet. Die Auswertung erfolgte zum einen durch Tabellen, in denen die Antworthäufigkeiten für die einzelnen Fragen aufgelistet und prozentual berechnet wurden. Außerdem schrieb ich zwei Auswertungsberichte, in denen ich die wichtigsten Ergebnisse für die Mitarbeiter(innen) zusammenfasste und wenn möglich, Empfehlungen für die pädagogische Arbeit ableitete. Das war lehrreich, machte mir aber auch viel Mühe. Nach Erstellung der Auswertungsberichte habe ich die Ergebnisse mündlich im Team und in der Gesamtbewohnerversammlung präsentiert. Es ist angedacht, in weiteren Arbeitsgruppen mit den Bewohner(innen) über wichtige Auswertungsaussagen zu diskutieren, und wenn gewünscht, Veränderungen in der Arbeit mit den Bewohner(innen) zu erwirken. Die ausgewerteten Daten sollen die Bewohner(innen) dazu ermutigen, sich mit ihrer Lebens- und Wohnsituation auseinanderzusetzen und sich kritisch zu äußern.
Nebenbei habe ich häufig in den Wohngemeinschaften gearbeitet und die Bewohner(innen) im Alltag begleitet. Außerdem bin ich gerade dabei, einen Angebotskatalog mit den unterschiedlichen Behindertenwerkstätten Berlins zu erstellen. Da das Praktikum ja für mich noch nicht zu ende ist, bin ich gespannt, was noch so kommt.
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